Wir schützen ihre Daten! So halb. Ein bisschen. Na gut, fast gar nicht, aber wenigstens behaupten wir es.

Die Telekom und United Internet, Großkonzerne mit Herz, letztere vertreten durch GMX und Web.de treten vor die deutsche Presse und die verunsicherte Nation und präsentieren den heiligen Gral des diesjährigen Sommerlochs: "E-Mail made in Germany", im Folgenden kurz "EmiG". Ein funkelnder Buzzword-Mix mit viel Bling-Bling, der dem deutschen Volk des Kaisers neue Kleider E-Mail-Dienste verkaufen soll.

Im Prinzip führen beide Konzerne E-Mail-Verschlüsselung zwischen ihren Servern ein, was gut ist, denn es führt dazu, dass die Mails auf dem Weg von der Telekom zu GMX nicht mehr von jedem mitgelesen werden können, der über das entsprechende Know-How verfügt, wie bisher. Ich will nicht unfair sein, das ist was Gutes, denn es macht E-Mails sicherer. Im Fahrwasser der aktuellen Sicherheitsdiskussion ist es aber nur in Verbraucheraugen gestreuter Sand. Darüber hinaus existiert die Technik dafür seit mehr als 10 Jahren und wird von anderen Anbietern ebenfalls schon seit Jahren eingesetzt, ein "neuer Sicherheitsstandard" ist das ganze also nur im #Neuland-Kontext, nicht aber in der realen Welt der Informationstechnologie.

Apropos andere Anbieter. Ein Baustein des "E-Mail made in Germany"-Konzepts ist es, dass nur Anbieter mit Rechenzentren in Deutschland teilnehmen dürfen. So werden E-Mails an GMail nicht verschlüsselt, obwohl Google die Technik ebenfalls schon viele Jahre einsetzt. Warum ist das also so? Die Antwort liegt auf der Hand: Weil Google die E-Mails zwar verschlüsselt ins Internet schickt, aber unverschlüsselt speichert und der/die/das [Hier ausländischen Geheimdienst Ihrer Wahl einfügen] sie dort problemlos lesen kann.

Oh, Zwischenfragen. Ja, die junge Damen mit dem Katzenpulli in der letzten Reihe?

"Und das ist bei EmiG anders?"

Nein. Der Herr mit der, OMG ist das eine pinke Radlerhose, hier vorne?

"Aber könnten die Anbieter dann nicht auch Mails an Google verschlüsseln, um wenigstens den Übertragungsweg zu sichern?"

Ja, das könnten sie, aber sie tun`s nicht, um den Anwendern vorzugaukeln ihre Mails seien sicher. Fakt ist aber, dass jeder mit einem richterlichen Beschluss, oder den entsprechenden Benutzerrechten und ausreichend Langeweile, die Mails lesen kann. Auch bei EmiG. Bitte vorerst keine Fragen mehr, danke.

Im Grunde ist EmiG folgendes: Wir schreiben einen Brief. Die Telekom, GMX oder Web.de kuvertieren ihn
für uns und bringen ihn in die Poststelle. Dort wird er aus dem Umschlag geholt und in ein Lager gelegt, zu dem im Prinzip jeder Zutritt hat. Holt der Empfänger ihn ab, wird er wieder kuvertiert und ihm überreicht.
Das Ganze ist also nichts als eine Illusion, eine Marketing-Blase mit großer Show, durch Reifen springenden Tigern und tanzenden Schimmeln vorgetragen, mit der sich die Telekom und United Internet um die längst überfällige Nachfolge eines David Copperfield bewerben. Und das gar nicht mal schlecht, denn machen wir uns nichts vor: Aus Scheiße Gold machen, das können viele. Die hohe Kunst ist es, den Leuten Scheiße zu verkaufen als wäre es Gold.

Aber spätestens, wenn Bundesinnenminister Friedrich eine Sicherheitsinitiative von E-Mail-Anbietern begrüßt, sollten für den aufgeklärten, sicherheitsbewussten Bürger Zweifel angebracht sein, denn es bedeutet, dass die Exekutive weiterhin vollen Zugriff hat. Wie der/die/das [Hier aus- oder inländischen Geheimdienst Ihrer Wahl einfügen].

Herzlichst,
Ihr Rock Galore

Kommentare

  1. Das ganze ist eine gefeilte Marketing-Masche um unwissende Eltern noch mehr Premium-Accounts von WEB, GMX und co. unterzujubeln. Als wären die Systeme nicht schon beschissen genug.

    Auch hier wieder....verdienen die Anbieter von "EmiG" doppelt. Einmal vom blöden Endkonsumenten und dann noch von der NSA direkt, die dafür zahlt, dass Sicherheitslücken eingebaut werden. Da bringt auch die beste Verschlüsselung nichts.

    Die Gedanken sind frei... zugänglich- NSA!

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